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Retten Cobots unseren Wohlstand?

Wenn mir eine Sprechblase aktuell besonders auf den Senkel geht, dann ist es „unseren Wohlstand beibehalten / erwirtschaften / sichern“. Genauso beginnt der hier hinterlegte Artikel: 

Bald gehen die Babyboomer in Rente. Schön für sie, aber schlecht für unser Land. Denn: Wie sollen wir mit weniger Menschen eigentlich den gleichen Wohlstand erwirtschaften? Ohne Roboter, glauben Experten, wird das nicht gehen.

So startet der Text dieses Arbeitnehmer-Portals – und damit ist im Prinzip fast alles gesagt. Aber es fehlt eine Pointe.

Fassen wir grob zusammen:

  • Ende 2021: 1,7 Mio. unbesetzte Stellen 
  • In den nächsten 15 Jahren: Zahl der potenziell berufstätigen Bevölkerung sinkt voraussichtlich um 5 Mio. Köpfe

Sind Roboter bzw. die Automatisierung also die zukünftige Lösung, fragt der Artikel? Heute stellen sie für viele Personen wie Unternehmen noch ein Problem dar: 

Nach einer IAB-Schätzung arbeitet hierzulande ein Drittel aller Beschäftigten in einem Beruf, den zukünftig womöglich auch eine Maschine erledigen könnte.

Für viele KMU ist der maschinelle Einsatz zwar noch zu unwirtschaftlich und zu kompliziert. Und für die Menschen, die entweder verdrängt werden von den Maschinen oder an deren Seite gestellt sind, bedarf die neue Mensch-Maschine-Kooperation einer grundlegenden Neuorientierung. Das gefällt nur den Wenigsten.

Aber der zunehmende Fachkräftemangel richtet den Markt mit immer mehr Druck neu aus: Es drängen “Cobots” auf den Markt. Kleine handliche Roboter, die Hand-in-Hand mit immer weniger Menschen arbeiten können. Man sieht weltweit einen Markt von bis zu 9 Millionen Cobots. Die dann aber auch alte Arbeitsplätze weiter ersetzen.

So wächst der Druck auf die Erwerbstätigen, sich weiterzuqualifizieren. Wie man dies maximal gut unterstützt vonseiten der Politik, darauf bietet der Artikel keine Antwort. Auch die Erwerbsarbeit im Angestelltenmodus als alleinige, sinnstiftende Tätigkeit des Menschen wird natürlich hier nicht infrage gestellt. Es geht demnach immer alles so weiter, wie gehabt. Nur die Menschen sollen sich öffnen für Weiterbildungen entsprechend ihrer Möglichkeiten.

Ob man es sich damit nicht zu einfach macht, nur auf den Willen und die Bereitschaft der Beschäftigten zu warten? Immerhin braucht es dazu auch attraktive Angebote mit einer klaren Perspektive. Und da könnte noch erheblich nachgebessert werden. 

Gleichwohl ist der Artikel lesenswert. Es ist halt eine gängige Perspektive im herrschenden Diskurs. Und immerhin: Die Digitalisierung und Automatisierung wird nicht mehr nur verteufelt …


Artikel am 18. Mai 2022 erschienen auf piqd als Hinweis auf den aktiv-Artikel Fachkräftemangel: Können Roboter die Lücke schließen?