Kategorien
DQ

Sprachkompetenz und Zuwanderung als Perspektive für Deutschlands Arbeitsmarkt

Mehr English wagen.

Deutschland braucht dringend mehr Personal und Kompetenz. Die Forderung nach Englischkenntnissen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ausländerbehörden soll helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und den Arbeitsmarkt für Fachkräfte zu öffnen.

Fachkräfte gesucht

Deutschland steht vor einem bedeutsamen Problem, einem Mangel an Personal und Kompetenz. Angesichts des demografischen Wandels ist eine Besserung nicht in Sicht. Doch es gibt eine Lösung: Zuwanderung. Um Wachstum und Wohlstand nicht zu bremsen, sollen mehr Arbeits- und Fachkräfte nach Deutschland migrieren, erklärt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz per Video. Die Ökonomin Monika Schnitzer hat kürzlich Zahlen genannt, sie empfiehlt die Aufnahme von 1,5 Millionen Zuwanderer:innen im Jahr als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. Damit diese Maßnahme erfolgreich wird, brauche es in Deutschland dringend eine Willkommenskultur und Ausländerämter, die Service für Einwander:innen anbieten, statt sie abzuschrecken. Es solle zudem nicht für jeden Job gefordert werden, dass die ausländischen Fachkräfte Deutsch können. Vielmehr solle dafür gesorgt werden, dass die Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörde Englisch können, sagte die Wirtschaftsweise Schnitzer, laut Süddeutscher Zeitung.

Zeitenwende

Mit diesem Statement kündigt Schnitzer einen fast radikal anmutenden Wandel an. Denn bislang müssen die Immigrant:innen Zeit und Arbeit in den Erwerb von Sprachkompetenz investieren, um zertifiziert nachzuweisen, dass sie über grundlegende Deutschkenntnisse für den Aufenthalt oder den Arbeitsmarkt verfügen, bevor sie überhaupt ein Qualifizierungsangebot oder eine Arbeitserlaubnis erhalten: Deutsch A1, B1 oder B2 – Welches Sprachzertifikat benötige ich? Doch in Zukunft sollen nun die Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörden englische Sprachkompetenz aufweisen, um Arbeits- und Fachkräfte ins Land zu holen. Dann hieße es vielleicht bald: Englisch A1, A2 oder A3 – welches Sprachzertifikat benötige ich, um erfolgreicher Zuwander:innen ins Land zu holen?

Auf eine mögliche Einführung von Englisch als zweiter Verwaltungssprache in Behörden reagiert der Deutsche Beamtenbund (dbb) ablehnend. Britta Ibald, Sprecherin des dbb, sagte im Spiegel, dass Deutsch die Amtssprache in Deutschland sei, insbesondere in Bezug auf Verordnungen und Gesetze. Ibald betonte außerdem, dass die Anforderungen an Fremdsprachenkenntnisse je nach Fachrichtung und Region stark variieren und daher eine pauschale Einführung von Englisch als zweite Amtssprache wenig zielführend erscheine.

Obwohl sich die Gewerkschaft wehrt, arbeiten findige Mitarbeiter:innen vor Ort bereits an kreativen Lösungen, um effektiv zu handeln. Selbst wenn sie dafür auch mal Google Translate einsetzen und andere Apps, um über Sprachbarrieren hinwegzuhelfen, erzählte Katharina Niewiedzial, Beauftragte für Integration und Migration des Senats von Berlin. „Das Thema mehrsprachige Verwaltung ist, glaube ich, ein absolutes Zukunftsthema. Ich würde aber noch eins drauf setzen, indem ich sage, Digitalisierung und Mehrsprachigkeit ist das Zukunftsthema.“ so Niewiedzial im Interview mit dem Deutschlandfunk.

Kompetenz für die Zukunft

Welche Kompetenz es für die Zukunft der Arbeit braucht, ist ein Thema, das schon länger in aller Breite diskutiert wird. Die Forderung nach Digital Skills, für Kompetenzprofile in der digitalen Transformation, sind nicht neu. Sprachskills standen allerdings noch nicht so explizit im Vordergrund, im Inland. Es ist jedoch gut vorstellbar, dass mehr Menschen aus dem Ausland schneller in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten, wenn das Sprach-Nadelöhr wegfiele, weil man in der Ausländerbehörde Englisch kann.

Offen bleibt allerdings, wie die Ausländerbehörden das schaffen sollen. Vertraut man Jan Böhmermann, der über die Ausländerbehörde im ZDF Magazin Royale berichtet hat, dann müssen jetzt über 540 Ausländerbehörden ordentlich ranklotzen. Schließlich sollen sich die Mitarbeiter:innen nicht nur neue Sprachskills draufschaffen, sondern die Ausländerbehörde muss in puncto Digitalisierung auch noch aufholen und generell Ordnung schaffen: Ausländerbehörden. Das bürokratische Chaos.

Der Vorteil der aktuellen Diskussion um Ausländerbehörde, Willkommenskultur und Englisch im Amt, liegt klar auf der Hand: Auf eine Phase vieler Worte sollte jetzt eine Phase der Umsetzung erfolgen, damit Deutschland im Ausland als lösungsorientiert und handlungsstark bei der Bewältigung seiner Probleme wahrgenommen wird. Andernfalls machen sich die Zuwander:innen eh nicht auf den Weg in unser Land. Schon gar nicht die benötigten 1, 5 Millionen.

Berlin hat erste Zeichen gesetzt. Die frühere Ausländerbehörde heißt seit 2020: Landesamt für Einwanderung. Immerhin!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.