Die deutsche Verwaltung steht vor einem großen Problem: Sie ist zu langsam und zu komplex, um den Anforderungen der digitalen Welt gerecht zu werden. Das hemmt nicht nur die Wirtschaft, sondern bremst auch Innovationen aus. Hinzu kommen der demographische Wandel, die wachsende Regulierungsdichte und die schleppende Digitalisierung, die ein effizientes und agiles Verwaltungshandeln erschweren.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – die Studie “Innovationssystem Deutschland: Effizienz und Agilität der öffentlichen Verwaltung erhöhen” veröffentlicht. Die Studie zeigt auf, wie durch gezielte Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigte, Strukturen und Technologien die Verwaltung modernisiert und zukunftsfähig gemacht werden kann.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache
- Deutschland liegt im europäischen Vergleich der digitalen Verwaltungsleistungen (DESI-Index) nur auf Platz 18 von 27.
- Das Onlinezugangsgesetz (OZG), das die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen vorantreiben sollte, ist weit hinter den Zielen zurückgeblieben. Nur ein Viertel der geplanten Leistungen ist bislang online verfügbar.
Diese Ineffizienz hat Folgen: BürgerInnen und Unternehmen sind frustriert, weil sie mit komplizierten Prozessen und langen Wartezeiten konfrontiert sind. Die deutsche Wirtschaft leidet unter dem bürokratischen Aufwand und innovative Unternehmen scheuen sich, in Deutschland zu investieren.
Es gibt jedoch Lösungsansätze:
Beschäftigte
Wir brauchen qualifiziertes Personal, das mit den neuen Technologien umgehen kann.
- Deutschland hat europaweit den höchsten Anteil an JuristInnen an zentralen Positionen. Deren Job ist es, die Regularien richtig anzuwenden und keine Fehler zu machen. Innovationen benötigen aber den Sprung ins Ungewisse.
- Auch haben in der deutschen Verwaltung im europäischen Vergleich zu wenige Angestellte oder Beamte vorherige Erfahrungen in der Privatwirtschaft gesammelt.

- Eine strategische Personalplanung ist notwendig, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. Konkret werden folgende Punkte genannt:
- Kompetenzbasierte Stellenbeschreibungen: Stellenbeschreibungen sollten stärker an den benötigten Kompetenzen ausgerichtet sein und weniger spezifische Ausbildungsanforderungen nennen. (S. 13-14)
- Anerkennung externer Berufserfahrung: Tarifliche Spielräume zur Anerkennung externer beruflicher Erfahrung sollten genutzt werden, um vermehrt Personen mit neuen Perspektiven und Innovationskulturen in die Verwaltung zu bringen. (S. 18)
- Flexibilisierung der Eingruppierung: Die Möglichkeiten des Tarifvertrags zur Anerkennung externer beruflicher Erfahrung im Rahmen der Eingruppierung und zur Gewährung von Zulagen für Fachkräfte sollten besser ausgeschöpft werden. (S. 18-19)
- Ergänzung von Kompetenzprofilen: Tätigkeitsbasierte Arbeitsplatzbeschreibungen sollten um Kompetenzprofile ergänzt werden, um die angemessene Berücksichtigung extern erworbener beruflicher Kompetenzen zu erleichtern. (S. 19)
Strukturen
Statische Strukturen müssen aufgebrochen werden. Interkommunale Zusammenarbeit muss gefördert und die föderale Aufgabenverteilung angepasst werden.
Es braucht eine Kultur des Ausprobierens und eine größere Fehlertoleranz.
Technologien
Die Ende-zu-Ende-Digitalisierung von Verwaltungsprozessen muss vorangetrieben werden.
Die Registermodernisierung muss beschleunigt und eine Cloud-first-Strategie verfolgt werden.
Besonders wichtig ist der Einsatz von Cloud Computing.
Cloud-Lösungen ermöglichen es, IT-Ressourcen flexibel an den Bedarf anzupassen und Kosten zu sparen. Sie schaffen die Grundlage für innovative Verwaltungstechnologien (GovTech), die die Verwaltung effizienter und bürgerfreundlicher machen können. Die Modernisierung der deutschen Verwaltung ist eine Mammutaufgabe.
Es braucht eine klare politische Vision, eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, und eine mutige Investition in neue Technologien, vor allem in Open Source, so die Studie. Nur so könne die deutsche Verwaltung den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht werden und zum Motor für Innovation und Wachstum werden.
Fazit
Die acatech-Studie zeigt, dass eine umfassende Modernisierung der öffentlichen Verwaltung notwendig ist, um Effizienz und Agilität zu erhöhen und dadurch die Innovationsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Durch gezielte Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigte, Strukturen und Technologien kann die Verwaltung zukunftsfähig gemacht werden.
Die Studie argumentiert, dass die Öffnung für Querwechsler*innen und die Flexibilisierung der Stellenbesetzungsprozesse dazu beitragen können, dringend benötigte Kompetenzen in die Verwaltung zu holen und die Innovationsfähigkeit zu steigern.
Die starre Fokussierung auf formale Qualifikationen wird als Hindernis für die Modernisierung der Verwaltung gesehen.
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Call to Action
Die Ergebnisse der acatech-Studie verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf in der öffentlichen Verwaltung. Es liegt nun an den politischen EntscheidungsträgerInnen und den Verantwortlichen in den Verwaltungen, die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen und die Verwaltung fit für die Zukunft zu machen.
Link zur Studie: Innovationssystem Deutschland
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