Künstliche Intelligenz (KI) verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir lernen, sondern auch was wir lernen und wie wir Bildung organisieren sollten. Unsere aktuelle Fallstudie im Rahmen des KI-Kompass-Projektes beleuchtet diese Entwicklungen und zeigt auf, wie die Weiterbildung, insbesondere die Erwachsenenbildung, in Zukunft neu gestaltet werden könnte.
Dabei ist uns aufgefallen: Die Forschung hinkt hierzulande weit hinterher – sie kann mit den dynamischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt durch KI (systemisch) kaum mithalten. Mit Ausnahme eines Kompetenzzentrums: Das SCIL.
Ein Blick zurück
Von den Anfängen der Erwachsenenbildung im frühen 20. Jahrhundert, die sich auf Grundbildung und berufliche Basisschulungen konzentrierte, bis hin zur digitalen Ära hat sich die Landschaft der Weiterbildung stark verändert.
Die Einführung von Computern und IT in den späten 1990er Jahren markierte den Beginn einer neuen Ära, die heute durch KI-gestützte Lernumgebungen geprägt ist.
Digitale Bildung in der Erwachsenenbildung
Digitale Bildung war oder ist bis heute kein allzu beliebtes Thema in der Erwachsenenbildung: Man liebt die Präsenz, man hat die Räume – sie wollen und sollen bespielt werden im üblichen Verfahren.
Allerdings wurde die Bildungslandschaft in den letzten Jahren durch E-Learning und Blended Learning gründlich umgepflügt. Die COVID-19-Pandemie beschleunigte den Übergang zu Remote Learning und On-Demand-Formaten, was zu einem Anstieg der Nutzung digitaler Lernplattformen führte – und zu erheblichen Überforderungen und Stress bei den MitarbeiterInnen.
Generative KI als Game Changer
Mit dem Aufkommen von ChatGPT und ähnlichen Technologien erlebt die Erwachsenenbildung einen weiteren Umbruch. Beispiele wie Khanmigo und der Chatbot der International University (IU) zeigen, wie KI das Lernen personalisieren und kritisches Denken fördern kann.
Aber der Gap zwischen altem Denken des 20. Jahrhunderts und notwendigen Transformationen für das hiesige Zeitalter bleibt grundlegend bestehen. Man kennt es nicht anders – man vermittelt halt gerne weiterhin “Wissen” …
Neue Anforderungen an Kompetenzen
Im Zeitalter der KI gewinnen jedoch transversale Kompetenzen wie kritisches Denken, Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten an weiterer Bedeutung. Sabine Seufert vom SCIL bringt dies gut zum Ausdruck mit dieser Abbildung, die den Übergang vom T-basierten zum M-basierten Kompetenzprofil aufzeigt.

Sie rückt das Konzept des “Flipped Curriculum” in den Fokus, bei dem der Transfer von Schlüsselkonzepten und die Entwicklung von Metakognition im Vordergrund stehen. Den Rest erledigen die Algorithmen, geschickt in Szene gesetzt von den jeweiligen Individuen.

Potenziale von KI in der Bildung
KI ermöglicht demnach eine nie dagewesene Personalisierung des Lernens und eröffnet neue Lernformate und -umgebungen. Nicht nur adaptive Lernsysteme passen sich dem individuellen Lernniveau an und bieten maßgeschneiderte Lernpfade.
Auch können Menschen im Zwiegespräch mit verschiedenen KI-Modellen ihr Knowhow auffrischen und erweitern. Man muss nur lernen, wie es geht – und dann am Ball bleiben. Ob man dazu in eine zertifizierte Bildungsstätte gehen muss, ist mindestens fraglich.
Herausforderungen und Chancen
Bildungsanbieter stehen nun vor der Herausforderung, ihre Strukturen und Methoden an die digitalen Anforderungen anzupassen. Dasselbe Programm nur unter Einsatz mit etwas KI anzubieten, wird zu wenig sein.
Vielmehr bietet sich jetzt die Chance, kreative, digitale und dezentrale Bildungsökosysteme in Kooperation mit anderen zu schaffen. Mit Blick auf die Bedarfe der Menschen, nicht der Systeme.
Es braucht jetzt moderne Plattformen zwecks Austausch zwischen Bildungseinrichtungen, TechnologieanbieterInnen und ArbeitgeberInnen zur Abstimmung von Bildungsangeboten auf Arbeitsmarktanforderungen. Hier neue Wege einzuschlagen, muss ausdrücklich empfohlen werden.
Ausblick auf neue Berufsbilder
Die Veränderungen in der Erwachsenenbildung bringen in der Folge neue Berufsbilder hervor, wie KI-TrainerInnen, Lern-AnalystInnen und KI-gestützte LernberaterInnen. Diese Rollen erfordern eine Kombination aus technischem Verständnis und pädagogischen Fähigkeiten.
Gleichzeitig müssen BildungsmanagerInnen und bildungspolitisch Aktive hier ebenso aktiv zulernen und ihre Rollen neu verstehen lernen.
Fazit
Die jetzige erwerbstätige Bevölkerung ist die Generation, die während ihres Arbeitslebens komplett sich neu orientieren muss. Nur wer es schafft, am Ball zu bleiben, wird eine Relevanz am Arbeitsmarkt haben jenseits von Minijobs.
Hier muss das Bildungssystem flankierend aktiv sein und unterstützen. Mit neuen, transformativen Modellen – auch unter Einsatz von KI. Die Zukunft der Erwachsenenbildung liegt in der intelligenten Verknüpfung von menschlicher Expertise und KI-Technologien. Und die Zukunft ist bereits gestartet. Gestern!
Um mehr über unsere ersten Handlungsempfehlungen und tiefergehenden Erkenntnisse zu erfahren, lohnt sich ein Blick in die vollständige Fallstudie im KI-Kompass.
Die Fallstudien werden bei Bedarf im Backend immer wieder aktualisiert bis Ende August 2024.
