KI wird die Arbeitswelt massiv verändern – ist Deutschland darauf vorbereitet?

"AI first": Es wird höchste Zeit!

Digitale Berufe werden als Erstes ersetzt

In unserer jüngsten KI-Kompass-Session hatten wir die Ehre, mit Frank Tentler über die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitswelt zu sprechen. Frank ist seit über 30 Jahren Experte für Digitalisierung und arbeitet heute hauptsächlich an KI-getriebenen Transformationsprozessen in Städten und Behörden. 

Laut seinen Analysen werden digitale Jobs und wissensbasierte Tätigkeiten zu den ersten Berufen gehören, die durch KI-Systeme ersetzt werden – mit massiven Auswirkungen innerhalb von nur 1 – 3 Jahren. Dies deckt sich mit der Einschätzung des KI-Pioniers Jürgen Schmidhuber, der eine zweistufige Disruption sieht – zunächst die Automatisierung von Bildschirmarbeitsplätzen, dann die Übernahme physischer Aufgaben durch fortschrittliche Robotik. (Siehe dazu unsere letzten beiden Blogposts hier und hier.)

Und das bestätigen auch aktuelle Prognosen. Man sieht, dass vor allem Aufgaben absehbar schneller von KI erledigt werden können.

Aus FAZ d:economy

Neue Skills und Jobprofile entstehen

In einer von KI geprägten Arbeitswelt werden völlig neue Fähigkeiten und Jobprofile erforderlich sein, um erfolgreich zu sein. Statt traditioneller Berufe wie GrafikerInnen oder TexterInnen wird die Nachfrage nach MitarbeiterInnen steigen, die effektiv „mit KI kommunizieren“ können. Zugleich werden viele aktuelle BeraterInnen-Positionen zunehmend durch KI-AssistentInnen ersetzbar sein.

Parallel dazu entstehen neue Herausforderungen und Verantwortlichkeiten, darunter das kritische Hinterfragen von durch KI generierten Konzepten oder die Entwicklung und Implementierung von KI-Strategien. In diesem sich schnell entwickelnden Umfeld werden neben technischem Know-how auch Kreativität und die Fähigkeit, KI-Tools strategisch und effektiv einzusetzen, zu entscheidenden Kompetenzen.

Öffentlicher Sektor erkennt Chancen und Hürden

Der öffentliche Sektor sieht in KI eine vielversprechende Möglichkeit, dem drohenden Personalmangel entgegenzuwirken. Einige deutsche Städte rechnen damit, bis 2030 etwa 30 % ihrer MitarbeiterInnen durch Verrentung zu verlieren.

Das Ziel ist, mithilfe von KI die knappen Ressourcen zu erweitern und die Produktivität zu steigern, ohne dabei Stellen abzubauen. Allerdings mangelt es den Behörden noch an praktischer Erfahrung mit „AI-First“-Projekten sowie an einer umfassenden Digitalstrategie.

Handwerk und Baubranche müssen sich wappnen

Während Handwerksberufe noch etwas mehr Zeit haben, bis die Automatisierung greift, sollten sich Bau- und Handwerksbetriebe auf KI-getriebene Veränderungen in Bereichen wie Planung, Materialbeschaffung, Buchhaltung und mehr vorbereiten.

Roboter für physische Aufgaben wie Straßenbau sind noch teuer, entwickeln sich aber schnell weiter.

Enormes Produktivitätspotenzial – in Deutschland verkannt

Einer der größten Treiber für den KI-Einsatz ist das Potenzial, die Produktivität laut Studien um 60 – 70 % zu steigern. Deutsche Unternehmen erwarten jedoch im Schnitt nur 30 % Produktivitätsgewinn – ein Zeichen, dass die disruptiven Auswirkungen generativer KI hierzulande noch stark unterschätzt werden.

Zu den Herausforderungen bei der Einführung von KI-Systemen gehören schlechte Datenqualität, veraltete IT-Infrastruktur und Probleme bei der Systemintegration. Auch ethische Fragen zu Verzerrungen, Transparenz und Verantwortlichkeit müssen adressiert werden, wenn KI mehr Entscheidungen trifft.

Zudem ist der Aufbau von Vertrauen entscheidend für die Akzeptanz von KI. Transparenz, Vertrautheit mit der Technologie und klare Richtlinien sind dabei wichtig. Mangelndes Vertrauen, sowohl in die Qualität der KI-Ergebnisse als auch in die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, stellt ein großes Hindernis für die Einführung von KI dar. Unternehmen investieren daher zunehmend in Maßnahmen, um Vertrauen aufzubauen, wie z. B. Transparenz und Erklärbarkeit der KI-Modelle.

Jetzt experimentieren und Erfahrungen sammeln

Es ist höchste Zeit, mit KI-Tools und AssistentInnen zu experimentieren, bevor Deutschland weiter ins Hintertreffen gerät. Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen müssen sich schnell anpassen und Lehrpläne und Schulungen aktualisieren, um die notwendige KI-Kompetenz für die Belegschaften der Zukunft aufzubauen.

Auch wenn niemand exakt vorhersagen kann, wie schnell KI bestimmte Aufgaben übernehmen wird – eine offene Haltung gegenüber der Technologie und die Bereitschaft, ständig dazuzulernen, werden entscheidend sein, um der Disruption einen Schritt voraus zu sein. Mit der richtigen Vorbereitung kann Deutschland die Produktivitätsvorteile von KI nutzen und gleichzeitig Jobverluste durch Weiterbildung und neue Chancen in einer KI-gestützten Wirtschaft abfedern.

Nach einer aktuellen Studie von Deloitte, geht die Mehrheit der Unternehmen davon aus, dass generative KI ihre Talentstrategien innerhalb von zwei Jahren beeinflussen wird. Die Anpassung von Arbeitsabläufen und die Umschulung von MitarbeiterInnen stehen dabei im Vordergrund. Generative KI wird den Wert bestimmter technischer und zwischenmenschlicher Fähigkeiten steigern, während andere Fähigkeiten an Bedeutung verlieren. Kurzfristig wird erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten durch den Einsatz von KI eher steigen als sinken wird.

Fazit

Der Einfluss von KI auf die Arbeitswelt wird aktuell noch stark unterschätzt. Um den Wandel erfolgreich zu gestalten, müssen wir jetzt umdenken und mit konkreten “AI-first”-Projekten starten. Dabei geht es derzeit nicht um Jobabbau, sondern um eine Erweiterung der menschlichen Fähigkeiten. Mit einem offenen Mindset können wir die Chancen von KI nutzen – für bessere Services, kreativere Aufgaben und mehr Freiraum bei der Arbeit.

Qualifizierung ist dabei entscheidend, um in der sich wandelnden Arbeitswelt bestehen zu können. Unternehmen müssen ihre MitarbeiterInnen inspirieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich kontinuierlich weiterzubilden, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Gleichzeitig sollten Berufstätige die Initiative ergreifen, um sich auf neue Anforderungen vorzubereiten und ihre Fähigkeiten zu erweitern. Nur durch eine kontinuierliche Anpassung und das Erlernen neuer Kompetenzen kann die Belegschaft die Herausforderungen der KI-Ära erfolgreich meistern​​.

Ein erster Schritt: Der KI-Kompass

Der KI-Kompass bietet eine Plattform, um die Herausforderungen und Chancen, die Künstliche Intelligenz mit sich bringt, zu navigieren. Dieses von der Europäischen Union unterstützte Projekt ermöglicht Learning Professionals und ErwachsenenbildnerInnen aus allen EU-Ländern, am technologischen Puls der Zeit zu bleiben und die Auswirkungen auf den Arbeits- und Weiterbildungsmarkt zu diskutieren. Es unterstützt ebenso Menschen in KI-“bedrohten” Berufen, indem es Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und zur persönlichen Weiterentwicklung aufzeigt.

KMU können erkennen, welche Entwicklungen sich kurz- und mittelfristig abzeichnen, und wie sie ihre Belegschaft durch gezieltes FITskilling vorbereiten können. BildungspolitikerInnen erhalten Zugang zu Informationen über neue Weiterbildungsansätze und die Maßnahmen, die in anderen EU-Ländern oder durch die EU-Kommission diskutiert und implementiert werden. Wir laden alle Interessierten ein, sich uns anzuschließen, um durch Teilnahme an unseren kostenfreien Online-Sessions und Workshops aktiv mitzugestalten und sich weiterzubilden.

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